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Inline Dimensions- und Profilvermessung von Aluminiumplatinen für den Warmwalzprozess

Inline Dimensions- und Profilvermessung von Aluminiumplatinen für den Warmwalzprozess

11 Juni 2008

Micro-Epsilon Messtechnik GmbH&Co KG: Moderne Warmwalzanlagen sind heute in der Lage, aus bis zu 30 Tonnen schweren Barren in mehrstufigen Bearbeitungsschritten ein hochwertiges, kundengerechtes Produkt zu fertigen. Dazu werden in mehreren Stichen aus dem 600 mm dicken Aluminiumblock Warmbänder gewalzt, die typische Dicken zwischen 2 mm und 10 mm aufweisen. Vorgegebene Sollgrößen müssen insbesondere innerhalb der Fertigungsstrasse genauestens eingehalten werden, da bereits bei geringfügigen Dicken- und Profilabweichungen in nach gelagerten Walzprozessen daraus Fehler entstehen können. Dazu erfordert es eine geeignete Messtechnik, die bereits im Fertigungsprozess das Dickenprofil erfasst, wie sie nachfolgend vorgestellt werden soll.

Das weltgrößte Aluminiumwalz- und Schmelzwerk Aluminium Norf GmbH (AluNorf) aus Neuss ist das erste Unternehmen, das inline und berührungslos ein komplettes Profil der Platine im Warmwalzprozess erstellt. Das 1965 gegründete Unternehmen beschäftigt derzeit über 2100 Mitarbeiter und gilt mit 1,5 Millionen Tonnen Absatzmenge pro Jahr als Marktführer. Im Aluminiumschmelzwerk werden bis zu 9 m lange Walzbarren mit einem Einzelgewicht von über 30 Tonnen gegossen. Um Verunreinigungen aus dem Gießprozess zu entfernen und bessere Walzergebnisse zu erzielen, werden anschließend die Walzbarren an den Enden gesägt und an den Seiten gefräst. Vor der Weiterverarbeitung im Warmbandbereich werden die Barren dann in speziellen Öfen auf Warmwalztemperatur vorgewärmt und homogenisiert. Auf zwei jeweils ca. 400 m langen Warmwalzstraßen werden die Barren bei einer Temperatur von bis zu 600°C und einer Ausgangsdicke von 600 mm in mehreren Walzgängen ("Stichen") zuerst in einem reversierend arbeitenden Vorgerüst zu Platinen mit einer Dicke zwischen 20 und 45 mm und anschließend in einer drei- bzw. viergerüstigen Tandemstrasse zu Warmbändern mit einer Enddicke zwischen 2,0 und 10 mm gewalzt. Die fertigen Warmbänder werden auf vorgegebene Breiten besäumt und zu großen Rollen ("Coils") aufgewickelt.

Aus der Prozessleittechnik sind heute moderne Messtechniken nicht mehr wegzudenken, die an den verschiedensten Punkten der Anlage detailliert Aufschluss über die Betriebsbedingungen geben. Herkömmliche mechanische Dickenmessanlagen messen beispielsweise berührend über eine zangenförmige Anordnung an einzelnen Messpunkten die Dicke der Platine. Die Werte werden anschließend interpoliert, womit aber nur eine grobe Aussage über die Dicke möglich ist. Für eine detaillierte Quer- oder gar Längsprofilerfassung ist das Verfahren jedoch viel zu langsam. Darüber hinaus sind diese Messverfahren oft verschleißanfällig, zu wenig automatisiert und stören den Produktionsablauf. Deshalb ist man dazu übergegangen, die Platinen mittels Isotopenstrahler zu scannen. Die Strahlung einer Isotopenquelle wird durch die Platine gedämpft und ist dann ein Maß für die jeweilige Plattendicke. Das Verfahren ist jedoch stark von der Legierung der Platine abhängig. Eine derartige Dickenmessung liefert zwar eine hinreichende Information über das Dickenquerprofil, ist aber aufgrund der Strahlungsintensität mit erhöhtem Sicherheitsaufwand verbunden. Insbesondere bei dickeren Platinen steigt die erforderliche Strahlungsintensität und erhöht damit natürlich auch das Investitionsvolumen. Strahlenschutz und permanente Sicherheitsprüfungen verbinden diese Methode außerdem mit hohen variablen Kosten. Deshalb suchte AluNorf nach einer alternativen Lösung, bei der es keine besonderen Sicherheitsvorschriften zu beachten gilt und die das gesamte Oberflächenprofil inline misst, aber dennoch einfach zu handhaben und flexibel sein muss.

Neue Messanlage zur Platinen-Profilmessung
Die Micro-Epsilon Messtechnik GmbH aus Ortenburg ist bekannt für ihr breites Spektrum verschiedener Messprinzipien zur Erfassung von Dicke, Breite, Profil oder Länge im Bereich der metallurgischen Industrie und Metallverarbeitung. Das mittelständische Unternehmen beschäftigt weltweit etwa 400 Personen und bietet Europas umfangreichstes Programm an Sensoren unterschiedlichster physikalischer Prinzipien. Häufig eingesetzt werden präzise Wirbelstrom- oder kapazitive Sensoren, um in rauer Umgebung Abstände oder Dicken zu detektieren. Als Komponenten finden sie Anwendung in den Produkten von vielen Maschinenbauern und Elektroausrüstern. Der Messtechnik-Spezialist ist aber auch bekannt für unkonventionelle Lösungen bei höchsten Anforderungen im Bereich kundenspezifischer Messanlagen.

Für die Prozessmesstechnik gelten gerade in Walzwerken raue Anforderungen. Messobjekttemperaturen bis zu 550°C, Temperatur-schwankungen, Schmutz, Vibrationen und schnelle Prozesse gestalten eine kundenspezifische Entwicklung nicht einfach. Die für AluNorf entwickelte Messanlage mit berührungslos arbeitendem kapazitivem Messprinzip basiert auf einem geschlossenen O-Rahmen, der höchste Steifigkeit bietet. Diese Anlage ist nahtlos in den vorhandenen V förmigen Rollengang integriert und direkt vor der zweiten Schopfschere angeordnet. Während die Platine nach dem Reversierwalzgerüst auf dem Rollgang zur Schopfschere transportiert wird und für den Schnitt kurz stillsteht, traversiert ober- und unterhalb der Platine senkrecht und synchron jeweils ein kapazitiver Sensor quer zur Transportrichtung. Dieser Sensor wurde speziell für diese anspruchsvolle Messaufgabe entwickelt. Aus dem bekannten Abstand der Sensoren zueinander und der gemessenen Distanzen der Sensoren zu der Platine lässt sich eine präzise Dickeninformation berechnen. Durch das Traversieren der Sensoren wird aus dem lokalen Dickensignal ein Profil über die gesamte Breite der Platine. Das System erlaubt es zudem, die Sensorik an eine beliebige Querposition der Platine zu fahren, um dort dynamisch ein Längsprofil der durchlaufenden Platine aufzunehmen. Sogar eine Kombination aus Platinenvorschub und traversierender Sensorik ist möglich, um maximale Information über die gesamte Platinengeometrie zu erhalten. Zusätzlich ist neben dem oberen kapazitiven Sensor ein Lasersensor im Sensorarm integriert, der während einer Traversierung die Breite der Platine aufnimmt.

Das System wird bei AluNorf dazu benutzt, das vorangehende Reversierwalzgerüst bezüglich Dicke, Profil und Breite besser kontrollieren zu können. Ebenfalls wichtig sind die Daten für die nachfolgende Fertigstraße. Hier liefert das System Informationen, um die Einstellungen für jede einzelne Platine zu optimieren. Insbesondere nach Breitenänderungen oder Walzpausen kann unter Verwendung des gemessenen Platinenprofils eine Verbesserung bzgl. Warmbandprofil und –planheit erreicht werden. Darüber hinaus ermöglicht die genaue Kenntnis der Platinenbreite und einer evtl. vorhandenen Keillage im Platinenprofil eine stabilere Bandführung in der Fertigstrasse.

Vorteile der kapazitiven Messtechnik

Besonders von Vorteil für Messaufgaben in der Aluminiumbranche ist die hohe Temperaturstabilität von kapazitiven Sensoren bei schwankender Umgebungstemperatur, wie auch die Indifferenz zu Targetfarben und verschiedenen Reflexionsgraden. Ein zusätzliches Plus ist der optimierte Linearitätsbereich und die Verbesserung der Linearität per Software, was bei einem Lasersensor prinzipiell nicht realisierbar ist. Bei den hohen Platinentemperaturen ist es wichtig, dass sich im Sensor selbst keine empfindliche Elektronik befindet, die sich überhitzen könnte. Ein weiterer Vorteil kapazitiver Sensoren ist die Mittelung über die Empfangsfläche. Wegen der nötigen Baugröße misst der verwendete Sensor über einen relativ großen Messfleck. Eine punktuelle Messung, wie sie z.B. ein Lasersensor vornehmen würde, reagiert unerwünscht empfindlich auf die Oberflächenrauhigkeit der Platine und verfälscht damit die Dickeninformation. Der Forderung nach Präzision und Zuverlässigkeit unter Berücksichtigung hoher Umgebungstemperaturen wird nur der hier verwendete kapazitive Sondersensor gerecht.

Ein kapazitiver Sensor funktioniert nach dem Prinzip des idealen Plattenkondensators. Die beiden Elektroden des Kondensators werden von der Sensorelektrode und vom Target, in diesem Fall der Platine gebildet. Wird nun ein Wechselstrom konstanter Frequenz durch die Sensorelektrode geleitet, so ist die Amplitude des Wechselstromes am Sensor dem Abstand zur Platine proportional. Mit dem kapazitiven Prinzip können Auflösungen von wenigen Nanometern erreicht werden. Durch das von Micro-Epsilon patentierte Prinzip des Schutzringkondensators entsteht eine nahezu ideale Linearitätskennlinie.

Auch bei hohen Temperaturen präzise Ergebnisse
Durch thermische Schwankungen der Umgebung und der Platine kann sich die Geometrie des O Rahmens und damit der Abstand der Sensoren zueinander verändern. Diese unbekannten Änderungen würden die berechnete Dicke verfälschen. Um diesen Effekt zu korrigieren, ist ein entkoppelter Kompensationsrahmen im System integriert. Dieser verhält sich im spezifizierten Temperaturbereich neutral und wird während der Messung als Referenz genutzt. Die spezielle Rahmenkonstruktion mit Temperaturkompensation ist eine Besonderheit bei allen von Micro-Epsilon entwickelten Anlagen in temperaturkritischer Umgebung.

Durch enge Fertigungstoleranzen und besondere Ausführungen in der Mechatronik gelingt es, dass der drohende Messfehler durch die Ausdehnung der Bauteile bei höheren Temperaturen nicht in die Messergebnisse einfließt. Die geometrischen Dimensionen des Kompensationsrahmens werden in einer automatisierten Kalibrierfahrt erfasst. Dazu wird vorübergehend ein im System integriertes Kalibrierteil bekannter und konstanter Dicke in den Messspalt gefahren, mit dessen Hilfe die Soll-/Ist-Differenzwerte ermittelt und als Korrekturwerte hinterlegt werden.

Im Gegensatz zur herkömmlichen Dickenmessung liefert dieses System genauere Daten und lässt eine präzisere Steuerung weiterer Prozesse zu. Dadurch kann bei weiteren Walzvorgängen eine noch höhere Maßhaltigkeit des Produkts gewährleistet werden. Das komplette Oberflächenprofil ermöglicht zusätzlich ein besseres Ausrichten der Platine für weitere Stiche. Bei Wartungsarbeiten am Rollgang kann das System mit wenigen Handgriffen abgekoppelt und mit einem Hallenkran beiseite gehoben werden. Damit ist das System sehr instandhaltungsfreundlich.

Hohe Präzision und stabile Ergebnisse
Das Messsystem für die Profilmessung von Aluminiumplatinen wird in der Standardausführung bei AluNorf für Platinenbreiten bis zu 2.2 m und Platinendicken von 20 bis 45 mm eingesetzt. Mit der neuesten Version der Anlage sind nun auch Platinenbreiten von 4 m und Platinendicken bis 200 mm möglich, bei gleichbleibenden sonstigen technischen Daten. Für einen Traversiervorgang benötigt das System lediglich vier Sekunden und erreicht dabei eine Genauigkeit von ±20 µm für die Dicke und ±500 µm für die Breite. Die Messanlage ist mit umfangreicher Sicherheitstechnik ausgestattet, so dass weder für den Bediener noch für die integrierte Sensorik eine Gefahrensituation entstehen kann. Zusätzlich wird die Messanlage von schweren Metallführungen geschützt. Die Bedienung der Anlage ist denkbar einfach. Ein passwortgeschützter Bereich sichert die Anlage vor unberechtigtem Zugriff im Einrichtbetrieb. Im Messbetrieb kann die Anlage ohne spezielle Kenntnisse betrieben werden. Die Bedienung kann sowohl direkt am System als auch von einem Leitstand aus erfolgen.

Dazu meint Herr Dr. Herrmann, Prozesstechnologe bei AluNorf: „Micro-Epsilon ist der einzige Systemlieferant, der eine berührungslose Profilmessung von Platinen auch im Warmwalzbereich anbietet, ohne spezielle Sicherheitsvorschriften beachten zu müssen. Das System zur Messung unserer Aluminiumplatinen bietet gleich mehrere Vorteile. Das Platinenquer- und Längsprofil sowie die Platinenbreite können verschleißfrei und wartungsarm gemessen werden. Der Produktionsablauf wird nicht gestört. Durch eine optimierte Einstellung des Vorgerüsts wird eine hohe Kontinuität der geometrischen Eigenschaften der Platinen erreicht. Durch den Prozessablauf bedingte Veränderungen des Platinenprofils werden unmittelbar erfasst und in der Einstellung der Fertigstraßengerüste berücksichtigt. Es soll allerdings nicht verschwiegen werden, dass der maximale Abstand der Messsensoren zur Platinenoberfläche 35 mm während der Messung nicht überschreiten sollte und aus diesem Grund die genaue Position von Platinenkopf und -ende beim Start einer Mess- oder Kompensationsfahrt berücksichtigt werden muss. “

Die aktuelle Position der Platine wird per TCP/IP vom Leitstand an das Profilmessgerät übertragen. Der Leitstand gibt auch das Signal zum Starten der Messung. Ansonsten befindet sich der Messarm in Parkstellung. So wird zuverlässig verhindert, dass das im Reversierwalzgerüst entstehende „Maul“ am Platinenkopf und –ende mit dem traversierenden oberen Sensor kollidiert.

Kundenwunschlösungen vom Sensorspezialisten
Die Abteilung für Systeme und Anlagen von Micro-Epsilon entwickelt, projektiert und fertigt schlüsselfertige Messanlagen für die Prozessüberwachung und Qualitätskontrolle für viele Branchen. Dabei werden ständig neue Technologien integriert und neue Systeme entwickelt. Auch die Software wird in der eigenen Softwareabteilung anlagenspezifisch programmiert. Gerade im Sondermaschinenbau und insbesondere in der Dickenmessung verschiedenster Messobjekte besitzt das Unternehmen besondere Fähigkeiten. Begründet sind diese Fähigkeiten dadurch, dass beginnend mit dem Metallrahmen über die Software bis hin zur Sensor-Speziallösung alles selbst entwickelt und gefertigt wird. Das hat kurze Kommunikationswege und Reaktionszeiten, insbesondere bei unerwarteten Situationen zur Folge. Ein unschätzbarer Vorteil im Sondermaschinenbau, denn gerade hier stehen unerwartete Situationen an der Tagesordnung. So können in kürzester Zeit Lösungen konzipiert werden und die Abstimmung zwischen Elektrotechnik und Maschinenbau vor Ort erfolgen.

Für den Einsatz in Folien- und Bandanlagen, Rohr- und Profillinien steht mit dem ASCOspeed 5500 jetzt ein neuer berührungslos arbeitender Geschwindigkeitsmessgeber zur Verfügung. Das Gerät erfasst optisch die Materialgeschwindigkeit und kann somit schlupfbehaftete Inkrementalgeber vorteilhaft ersetzen. Siemens entwickelte zusammen mit Micro-Epsilon das SIFLAT, ein System zur berührungslosen Messung der Band- Planarität im Kaltwalzprozess. Über einen Luftspalt liefert das System kontinuierlich präzise Messwerte über die Planheit der Bleche. Die umfangreiche Palette an Wirbelstrom- und kapazitiven Sensoren wird oft ohne speziellen Messaufbau in der Metallurgie verwendet. Micro-Epsilon selbst trägt seit nahezu 40 Jahren maßgeblich zur Lösung von Mess- und Prüfaufgaben von Weg, Abstand, Position und Temperatur bei. Mit über 2.000 Ingenieurjahren an kumulierter Erfahrung in Entwicklung, Fertigung und Einsatz von Wegsensoren ist das Unternehmen weltweit ein angesehener Partner der Industrie.

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